Zusammenfassung der wichtigsten Kennzahlen aus dem Rechnungsabschluss 2024 der Gemeinde Sitzenberg-Reidling aus Sicht von WIR7
Haushaltspotenzial
• 2024: € 2.048.751
• Positive Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren.
Haushaltspotential: Differenz der wiederkehrenden Mittelaufbringungen abzüglich der wiederkehrenden Mittelverwendungen unter Berücksichtigung der entsprechenden Forderungen und Verbindlichkeiten.
Zweck und Bedeutung:
• Es zeigt an, ob die Gemeinde aus dem laufenden Betrieb einen Überschuss oder ein Defizit erwirtschaftet.
• Es ersetzt frühere Überschuss-/Abgangskennzahlen und dient damit der Vergleichbarkeit über die Jahre.
• Ist das Haushaltspotenzial innerhalb des mittelfristigen Finanzplans durchgehend negativ, muss ein Haushaltskonsolidierungskonzept erstellt werden (§ 72b Abs. 1 Z. 2 NÖ GO 1973).
Bedeutung in der Praxis:
Ein positives Haushaltspotenzial, wie 2024 mit € 2.048.751, zeigt:
• Die Gemeinde wirtschaftet solide.
• Laufende Einnahmen übersteigen die laufenden Ausgaben.
• Keine unmittelbare Notwendigkeit zur Konsolidierung.
Nettoergebnis
• 2024: € 280.830 (Rückgang gegenüber 2023 mit € 632.521)
Ein positives Nettoergebnis bedeutet, dass die Erträge voraussichtlich ausreichend sein werden, die Aufwendungen für die kommunalen Leistungen (inklusive des Werteverzehrs des Anlagevermögens in Form der Abschreibungen) abzudecken.
Volkszahl
• 2024: 2.463 Einwohner
• Kontinuierliches Wachstum in den letzten Jahren.
Abgabenertragsanteile
• 2024: € 2.514.415
• Leichter Anstieg gegenüber 2023 (€ 2.401.600).
Der Abgabenertragsanteil ist jener Teil der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, der an die Gemeinden verteilt wird. Es handelt sich dabei um eine zentrale Einnahmequelle jeder österreichischen
Gemeinde.
Rechtliche Grundlage & Berechnung
Die Grundlage bildet der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Dabei werden
bestimmte Steuern, die vom Bund eingehoben
werden, anteilsmäßig an Länder und Gemeinden
weitergegeben.
Zu diesen gemeinschaftlichen Bundesabgaben zählen unter anderem:
• Umsatzsteuer
• Lohnsteuer
• Körperschaftsteuer
• Tabaksteuer
• Mineralölsteuer
• Versicherungssteuer
• Normverbrauchsabgabe usw.
Verteilung an Gemeinden
Die Höhe des Anteils, den eine Gemeinde erhält, richtet sich im Wesentlichen nach:
1. Volkszahl (Einwohneranzahl – maßgeblich nach § 10 Abs. 7 FAG 2017)
2. Abgestufter Bevölkerungsschlüssel – kleinere Gemeinden erhalten verhältnismäßig mehr
3. Allfällige Umlagen und Ausgleichszahlungen
Bedeutung für die Gemeinde Sitzenberg-Reidling
Die sogenannten Abgabenertragsanteile bilden in den meisten Gemeinden die wichtigste Einnahmequelle.
• 2024: € 2.514.415
• 2023: € 2.401.600
• Kontinuierlicher Anstieg in den letzten Jahren – ein Zeichen für Bevölkerungswachstum und gute Einnahmenlage.
Zusammengefasst:
Die Abgabenertragsanteile sind zweckfreie Einnahmen, die die Gemeinde zur Finanzierung aller kommunalen Aufgaben (Verwaltung, Infrastruktur,
Bildung etc.) einsetzen kann – und sind damit eine zentrale Säule der kommunalen Finanzautonomie.
Schuldenstand
• 2024: € 5.981.014
• Erhöhung durch Darlehensaufnahme für den
Zubau des Kindergartens.
Die Zinsbelastung ist noch relativ stabil. Sollten die Zinssätze in Zukunft steigen, könnte die Zinslast stark ansteigen. Das betrifft 3 Kredite, die nicht fix verzinst sind.
Rücklagen (inkl. Zahlungsmittelreserven)
• 2024: € 1.955.980 (leichter Anstieg)
Rücklagen sind zweckgebundene oder freie finanzielle Reserven, die eine Gemeinde aus Überschüssen oder gezielten Rücklagenbildungen anlegt. Sie dienen:
• der Absicherung gegen finanzielle Risiken
• der Finanzierung künftiger Projekte
• der Überbrückung von Liquiditätsengpässen
ZMR = Zahlungsmittelreserve
Die Rücklagenstruktur der Gemeinde zeigt derzeit ein stabiles und vorsorglich geplantes Budget
Leasingverpflichtungen
• Keine Leasingverpflichtungen für die Gemeinde.
Haftungen
• 2024: € 164.616 (Rückgang von € 201.165 in 2023)
• Haftungen bestehen beim Abwasserverband an der Traisen und der Hauptschulgemeinde Atzenbrugg-Heiligeneich.
Finanzkraft für Umlagenberechnung
• 2024: € 3.756.381 (Anstieg gegenüber 2023 mit € 3.471.795)Die Finanzkraft misst die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Gemeinde anhand ihrer tatsächlichen Einnahmen.
Da die Umlagen anteilig nach Finanzkraft berechnet werden, führen höhere Einnahmen auch zu höheren Pflichtbeiträgen.
Auswirkungen 2024:
• NÖKAS-Umlage: € 789.882 (2023: € 722.742)
• Sozialhilfeumlage: € 473.764 (leicht gesunken trotz höherer Finanzkraft)
Ein Anstieg der Finanzkraft ist zweischneidig:
Vorteil:
• Mehr freie Mittel für kommunale Aufgaben
• Bessere Bonität bei Kreditaufnahmen
Nachteil:
• Höhere Umlagen (Pflichtbeiträge) an Land/NÖKAS etc
• Geringere Wirkung von Förderungen
NÖKAS-Umlage (Krankenanstaltenbeitrag)
• 2024: € 789.882
• Anstieg aufgrund höherer Finanzkraft der
Gemeinde.
Sozialhilfeumlage
• 2024: € 473.764 (leichter Rückgang gegenüber 2023 mit € 479.688)
Liquide Mittel (Kassenbestand)
• 31.12.2024: 4.691.007 € (Anstieg um 560.064 €)
Liquiden Mittel:
• Barkassa
• Bankguthaben auf Giro- und Sparkonten
• Zweckgebundene Zahlungsmittelreserven
• Allgemeine Zahlungsmittelreserven
Diese Mittel stehen der Gemeinde unmittelbar zur Verfügung – im Gegensatz zu Rücklagen, die oft zweckgebunden sind oder als langfristige Vorsorge dienen.
Fazit aus Sicht von WIR7 :
Der Rechnungsabschluss 2024 der Gemeinde Sitzenberg-Reidling zeigt eine insgesamt solide Finanzlage. Das Haushaltspotenzial liegt bei € 2,05 Mio. , was eine gute laufende Leistungsfähigkeit belegt. Trotz eines Rückgangs des Nettoergebnisses auf € 280.830 ist die Finanzkraft weiter gestiegen (€ 3,76 Mio.), was zu höheren Umlagen geführt hat. Die liquiden Mittel betragen € 4,69 Mio., und auch die Rücklagen konnten leicht aufgebaut werden.
Gleichzeitig ist die Verschuldung durch ein Darlehen für den Kindergartenzubau gestiegen. Geplante Ausgaben für den Kindergarten wurden großteils ins Jahr 2025 verschoben, was den Rechnungsabschluss 2024 in einem vielleicht zu positiven Licht darstellen lässt.
Für 2025 erwarten wir:
1. eine wesentlich höhere Abgabenpflicht an den Bund (laut Medien im Koalitionsabkommen der aktuellen Regierung) wegen des „plötzlich“ aufgetauchten Defizits.
2.Eine zusätzliche finanzielle Belastung ergibt sich durch den geplanten Beitrag, den Sitzenberg-Reidling anteilig für den Neubau der Mittelschule in Atzenbrugg leisten muss. Für diesen Betrag werden wir wohl einen Kredit aufnehmen müssen.
3. ist eine zusätzliche Kreditaufnahme für den Ausbau der Volksschule geplant. Diese wird die Schuldenlast deutlich erhöhen und langfristig höhere Tilgungen und Zinsbelastungen erfordern. Ohne Anpassung der Tilgungsstrategie oder Einnahmensteigerung könnte sich die Schuldentilgung bis weit über 2040 hinausziehen. Ein vorausschauendes Finanzmanagement bleibt daher essenziell.
Für uns von WIR7 bedeutet dieser Ausblick eine klare und nüchterne Erkenntnis: Wir stehen vor der spartanischen Notwendigkeit zu sparen – konsequent und an allen Ecken und Enden. Die Zeiten, in denen hier € 10.000 und dort € 9.000 relativ unproblematisch aufgebracht werden konnten, gehören der Vergangenheit an.
Wir formulieren das bewusst so deutlich, um ein gemeinsames Verständnis – ja, sogar ein Bekenntnis – zu einem nachhaltigen Sparkurs zu schaffen. Dieser muss von allen getragen werden: vom Gemeinderat bis hin zu uns Bürgerinnen und Bürgern.
Positiv hervorheben möchte ich, dass Bürgermeister Erwin Häusler das Thema Volksschule nicht schon im alten Gemeinderat beschlossen hat, sondern auf die Konstituierung des neuen Gemeinderats gewartet hat. Da uns Gemeinderäte als auch die gesamte Bevölkerung Sitzenberg-Reidlings dieses Thema die nächsten Jahre massiv begleiten und fordern wird, war das eine faire Art damit umzugehen und ein diplomatischer Schachzug zugleich.